Das Projekt BIT hat sich zur Aufgabe gesetzt, ein Testverfahren zum Prüfen der Barrierefreiheit von Anwendungssoftware zu entwickeln. Bei der Testentwicklung sollen Expertinnen und Experten das Testteam des Projektes beraten und unterstützen. Ein erstes Treffen des Gremiums fand am 4. Dezember 2014 in Kassel statt. Einer der Experten ist Christoph Barchnicki. Er ist Usability-Experte sowie Berater für barrierefreie IT bei der QuinScape GmbH in Dortmund.  BIT inklusiv hat ihn gefragt, warum er sich im Expertengremium engagiert.

Christoph Gesting, Creative Lead des IT-Dienstleisters QuinScape
Portraitfoto: Christoph Barchnicki QuinScape

BIT inklusiv: Was ist Ihre Motivation, sich im Expertengremium zu engagieren?

Christoph Barchnicki: Usability- und Accessibility-Anforderungen werden nicht zuletzt aufgrund der Alterung unserer Gesellschaft an Bedeutung zunehmen. Des Weiteren stellt uns die Nutzung mobiler Geräte vor neue Herausforderungen, deren Anwendungen oft mit Desktop-Applikationen vergleichbar sind (zum Beispiel für Tablets). Ergebnisse aus dem Expertengremium werden direkt in unsere Projekte in Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen einfließen.

BIT inklusiv: Können Sie Beispiele aus Ihrer Praxis nennen?

Barchnicki: Ich bin an vielen spannenden Projekten für öffentliche Auftraggeber beteiligt, bei dem das Know-how für barrierefreie IT unumgänglich ist. Portale eines öffentlichen Auftraggebers für alle zugänglich zu machen, unterliegt ganz sicher einer beträchtlichen Verantwortung. Das sei nicht nur dahergesagt, ein Beispiel aus der Praxis ist nicht fern: Wenn Warnungen für Lebensmittel eingestellt werden – dann müssen auch Menschen mit Handicap erfahren, dass ihre Lebensmittel z. B. durch Scherben oder Bakterien belastet sind und jeglicher Konsum zu vermeiden ist.

BIT inklusiv: Was können Sie zur Testentwicklung beitragen?

Barchnicki: Ich habe in der Vergangenheit mehrere Jahre in der Qualitätssicherung (QA) eines namhaften japanischen Unternehmens gearbeitet. Dort war ich sehr intensiv mit dem Testen von Software, der Entwicklung von Tests, der Testautomatisierung und weiteren Herausforderungen aus diesem Bereich beschäftigt.

Viele der dort gemachten Erfahrungen und Diskussionen haben mein heutiges Verständnis für Softwarequalität sehr geprägt.

Was mir aber persönlich sehr wichtig ist: Viel fachübergreifendes Wissen bzw. kreativen Input als Medieninformatiker in die Arbeit des Expertengremiums einbringen zu können.

BIT inklusiv: Welche weiteren Aspekte sollten behandelt werden?

Barchnicki: Ich betrachtete die Aspekte zur Testentwicklung nicht nur fachlich respektive pragmatisch, sondern versuche den Blick immer einen Schritt nach vorne zu richten:

Wie wirkt sich eine Designentscheidung auf die Konzeption einer Software aus?

Welche Auswirkungen haben bestimmte Testschritte auf das Design?

Welche ungewollten medialen- & psychologischen Wirkungen können entstehen?

Wie aufwändig ist die Umsetzung?

Barrierefreie Software soll nicht nur einfach funktionieren, sondern auch „schön“ sein. Pragmatische Nutzbarkeit und ein schönes Aussehen mit einer durchdachten Benutzerführung müssen sich keinesfalls ausschließen.

BIT inklusiv: Und was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit den anderen Experten?

Barchnicki: Ich erwarte und freue mich auf viele kreative Diskussionen und einen offenen Erfahrungsaustausch. Jede Meinung ist wichtig und sollte in Betracht gezogen werden, um die vorhandene Kompetenz aller Experten, die aus ihren verschiedenen Fachbereichen viel Erfahrung mitbringen, einzubringen.

Experten aus denselben Fachbereichen sollten engen Kontakt halten, um sich über für sie relevante Themen auszutauschen.

BIT inklusiv: Welche Vorteile würde ein Standardprüfverfahren für Ihre berufliche Praxis mit sich bringen?

Barchnicki: In meinem Tätigkeitsfeld des Usability Engineering kann ich die Prozesse bereits in frühen Designphasen und Konzeptionsschritten effektiv lenken. Früh einsetzbare Standardprüfverfahren geben Leitplanken für die Entwicklung. Nachträgliche Evaluierungen sind meist weitaus zeit- und kostenintensiver sowie stark risikobehaftet. Im schlimmsten Fall kann ein Projekt daran scheitern.

Ein Standardprüfverfahren zieht bei Einhaltung eine gute Usability nach sich.

Ein breites Wissen über wichtige Normen, die im Standardprüfverfahren abgearbeitet werden, trägt zur Entstehung qualitativ hochwertiger Anwendungen an den Arbeitsplätzen bei.

Die QuinScape GmbH ist Partner im Projekt BIT inklusiv und wird beim Aufbau zum Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit unterstützt. Weitere Informationen über die QuinScape GmbH gibt es hier im Internet: www.quinscape.de

Das Interview führte Christina Muth

BIT inklusiv richtet ein Expertengremium ein