Barrierefreie Software inklusiv entwickeln – Erfolgreiche Kooperation zwischen DVBS und der QuinScape GmbH

BIT inklusiv setzt sich für den Aufbau von „Kompetenzzentren für barrierefreie IT“ durch die Qualifizierung von Schlüsselpersonen und IT-Fachkräften in Behörden und Unternehmen ein. Ein Interview mit Christoph Gesting, Creative Lead des IT-Dienstleisters QuinScape, bei dem ein solches Kompetenzzentrum erfolgreich etabliert wurde zeigt, wie das Bewusstsein und die Nachfrage nach barrierefreier IT ansteigt und wie wichtig Projekte wie BIT inklusiv sind, um die Gestaltung barrierefreier IT in den Betrieben zu unterstützen. Der Dortmunder IT-Dienstleister QuinScape entwickelt branchenübergreifend Softwarelösungen zur Optimierung und Vereinfachung von Geschäftsprozessen. Zwei Jahre nach Abschluss der Kooperationsvereinbarung zwischen QuinScape und dem DVBS zum Aufbau eines Kompetenzzentrums für barrierefreie IT treffen wir Christoph Gesting, Creative Lead von QuinScape, zu einem Resume.

Porträt Christoph Gesting
Christoph Gesting, Creative Lead des IT-Dienstleisters QuinScape

Herr Gesting, welche Intention stand hinter der Entscheidung, sich als Kompetenzzentrum von BIT inklusiv zertifizieren zu lassen?

QuinScape bedient nicht nur Kunden aus der Wirtschaft, sondern realisiert auch Projekte im öffentlichen Sektor, beispielsweise deutschlandweite und bürgernahe Internetpräsenzen. Ein weiterer Punkt war zudem, unseren Kunden und in Ausschreibungen ein optimales und vollständiges Angebot aus einer Hand anbieten zu können.

Welche besondere Bedeutung hat die zertifizierte Kompetenz von QuinScape in Bezug für Ihre Kunden im nicht-öffentlichen Sektor?

Schon seit längerer Zeit zeichnet sich auch in diesem Bereich ein deutlicher Anstieg der Nachfrage – nicht nur für den Internet-Bereich – ab. Die Anforderungen an die Zugänglichkeit von IT-Anwendungen nehmen vor allem durch die Verbreitung von mobilen Geräten in Beruf und Privatleben zu.

Welche Vorteile sehen Sie in der barrierefreien IT-Gestaltung?

Ich sehe in der barrierefreien IT-Gestaltung eher eine Verbesserung des Produktes als „Vorteile“. Ich sage unseren Kunden: „Wenn Sie Ihr Produkt barrierefrei gestalten, steigert dies zugleich erheblich die Usability ihres Produktes“. In Workshops belege ich diese Behauptung dann empirisch. Die Reaktionen sind äußerst positiv.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Durch die Prüfschritte der BITV 2.0 werden wichtige Standards eingehalten. Viele dieser Prüfschritte verbessern den Bedienfluss und die Gebrauchstauglichkeit. Schon in frühen Konzeptionsschritten kann beispielsweise der Designer vor der Entwicklung das Projekt effektiv lenken, wenn er nah an der Thematik ist. Nachträgliche Evaluierungen sind oft zeit- und kostenintensiv.

BIT inklusiv vermittelt Fachwissen zur barrierefreien IT-Gestaltung. Wie wurden die BIT-inklusiv-Workshops von Ihren Kolleginnen und Kollegen aufgenommen? 

Die Workshops wurden von allen Teilnehmern positiv wahrgenommen. Die Sensibilisierungsmaßnahmen konnten sofort in den Arbeitsfluss der einzelnen Fachabteilungen einfließen. Nicht nur die Umwelt wird jetzt anders wahrgenommen – ich spiele dabei auf das Sensibilisierungs-Modul an, in dem die Teilnehmer Simulations-Brillen ausprobieren durften.

Was hat sich bei QuinScape nach den Workshops verändert?

Wir haben die internen Prozesse optimiert und auf die neu erlernten Fähigkeiten angepasst. In der Zeit nach den Workshops wurden Schlüsselpersonen aus ausgewählten Fachabteilungen weiter qualifiziert. Zusammen haben wir weitere Angebots- und Consultingpakete für unsere Kunden geschnürt. Wir sind sogar einen Schritt weitergegangen und bieten Auffrischungskurse oder sogenannte „Techtalks“ für interessierte oder neue Mitarbeiter an. Des Weiteren haben wir eine interne Hotline für QuinScape-Mitarbeiter eingerichtet, die es ermöglicht, schnell Fragen rund um das Thema zur Gestaltung barrierefreier-IT beantwortet zu bekommen.

Nehmen Ihre Kunden QuinScape als Kompetenzzentrum wahr?

Die Erfahrung zeigt, dass sich die Wahrnehmung trotz aktiver Kommunikation nicht einfach ändern lässt. Vielen Kunden ist diese Zertifizierung noch nicht bekannt. Hier muss noch aktiver kommuniziert werden. Das Gleiche gilt auch für Ausschreibungen im öffentlichen Bereich: Die Zertifizierung und der Status als Kompetenzzentrum bringen in der ersten Anlaufphase zunächst keinen sichtbaren Vorteil. Die erlangte Kompetenz sollte klarer von den verantwortlichen Instanzen wahrgenommen und meiner Meinung nach auch priorisiert werden.

Mit welchen Problemen und Fragestellungen sehen Sie sich am häufigsten bei der Beratung konfrontiert?

Viele IT-Entscheider sind im Irrglauben, eine Software sei genau dann barrierefrei, wenn ein Blinder sie bedienen kann. Dabei macht diese Zielgruppe nur eine kleine Teilmenge der ca. 1.1 Mio. arbeitsfähigen schwerbehinderten Menschen aus. Oft sind wir mit individuellen Problematiken einiger Hersteller konfrontiert. Diese Problematiken überprüfen und evaluieren wir dann gemeinsam mit unseren Kunden. Viele Fragestellungen beschäftigen sich auch mit dem Thema: „Wann bin ich barrierefrei und wer bestimmt das?“

 

Erfolgreiche Kooperation zwischen DVBS und der QuinScape GmbH