Dieser Prüfschritt ist bei offener Funktionalität und immer dann anwendbar, wenn die zu prüfende Benutzeroberfläche Tabellen enthält.

Es wird davon ausgegangen, dass die Prüferin / der Prüfer sich mit der Handhabung von Screenreadern auskennt und dass die vom Screenreader ausgegebenen Rollen-Bezeichnungen bekannt sind und auf die der API (z.B. bei der Prüfung mit Accessibility Insights) übertragen werden können.

Wie wird geprüft

  • Prüfen, ob ein bestimmter Screenreader für die Anwendung empfohlen wird. Falls ja, diesen zur Prüfung verwenden (führt in der Regel bei 4.1.2 zu Einschränkungen).
  • Screenreader aktivieren.
  • Den Fokus des Screenreaders in die Tabelle bewegen und feststellen, ob der Tabellenmodus oder „Data Grid“ angesagt wird.
  • Die Screenreader-Shortcuts zur Navigation in der Tabelle sind auf Internetseiten STRG+ALT+Pfeiltasten. Kann auf diese Weise zellenweise auf- und abwärts sowie seitwärts durch die Tabelle navigiert werden?
  • Werden dabei Zeilen- und Spaltennummern angesagt oder kann dies durch einen Screenreader-Befehl ausgegeben werden?
  • Falls Überschriften vorhanden sind, werden diese bei jeder Zelle angesagt (bei waagrechter Navigation die jeweils neue Spalten-Überschrift, bei senkrechter Navigation die jeweils neue Zeilen-Überschrift)?
  • Falls nicht mit der im Internet üblichen Tastatursteuerung durch die Tabelle navigiert werden kann: Gibt es andere Tastenkombinationen dafür?
  • Bewegen Sie sich mit den Screenreader-Shortcuts durch die Tabelle und stellen Sie fest, ob die unter Beispiele dargestellten Gestaltungsregeln eingehalten werden.

Beispiele

  • In einer Tabelle sagt der Screenreder in jeder Zelle die Zeilen- und Spaltennummer an, z.B. „Zeile 2 Spalte 3“.
  • Wenn Überschriften vorhanden sind, sagt der Screenreader die Überschrift vor jedem Zellinhalt an. Beispiel: „Monat: April, Bearbeiter: Meier“. Bei der Bewegung durch die Tabelle dürfen gleichbleibende Überschriften unterdrückt werden.
  • Fehler: Die Tabelle ist nicht zellenweise navigierbar.
  • Einschränkung: Der Screenreader behandelt Überschriften wie Daten, sagt sie also nur im Fokus an und wiederholt sie nicht bei Navigation durch die Daten-Zellen.
  • Fehler: Überschriften sind nicht vorhanden, obwohl die Daten nicht aus sich selbst verständlich sind. Beispiel: „Spalte 2: 45“ (=Schuhgröße), „Spalte 3: 49“ (=Alter).
  • Fehler: Die Daten verändern ihre Bedeutung, ohne dass dies durch neue Überschriften deutlich gemacht wird.
  • Fehler: Ein Bedeutungswandel wird ausschließlich durch leere Tabellenzeilen angedeutet.
  • Fehler: Die Tabelle ist stark verschachtelt, so dass die Zeilen- und Spaltennummern vom blinden Benutzer nur mit Mühe nachvollzogen werden können.

Anforderung (Beschreibung)

In Datentabellen sagt der Screenreader in jeder Zelle die Zeile und Spalte an, ebenso Zeilen- und Spaltenüberschriften, soweit diese vorhanden sind.

Datentabellen sind einfach strukturiert, so dass blinde Menschen den Inhalt nachvollziehen können.

Warum wird das geprüft

Für blinde Menschen bedarf es zur Orientierung in Tabellen eines besonderen Abstraktionsvermögens. Zweidimensionale Darstellungen müssen klar in Zeilen und Spalten erfassbar sein. Einfach strukturierte Datentabellen sind für Screenreadernutzer leicht nachvollziehbar. Überschriften sind nicht immer erforderlich, denn oftmals sind die Inhalte der Zellen für sich selbst verständlich. Wenn aber die Bedeutung der Zellinhalte für sich genommen nicht eindeutig ist, sind Überschriften erforderlich. Überschriften helfen auch bei komplexen Tabellen, die mehr als eine logische Ebene abbilden. Diese können durch die Zuordnung der Zellen zu ihren jeweiligen Überschriften für Screenreadernutzer verständlich gemacht werden.

Anders liegt der Fall bei flächigen Darstellungen von Textinhalten, die eigentlich Synopsen sind. Die Tabellenstruktur wird hier zu Layoutzwecken genutzt, es kommen leere und verbundene Zellen vor. Solche Darstellungen können von Screenreadernutzern nur in linearisierter Form nachvollzogen werden, siehe Prüfschritt 2.4.3 „Schlüssige Reihenfolge bei der Tastaturbedienung“. Ob eine flächige Darstellung als Tabelle oder als Synopse einzustufen ist, kann anhand einer Faustregel beurteilt werden: Wenn Überschriften erforderlich sind, um den Zellinhalt zu verstehen, muss es als Datentabelle behandelt werden. Wenn die Zellinhalte für sich selbst sprechen, kann es auch eine Synopse sein. Wenn zusätzlich grafische Elemente wie Pfeile etc. enthalten sind, ist es eine multimediale Darstellung, siehe Prüfschritt 1.1.1 „Nicht-Text-Inhalte“.

In der Praxis kommen viele Zwischenformen der flächigen Darstellung von Daten vor, die durch eine eingehendere Analyse der Datenstruktur vermieden werden könnten. Von barrierefreien Anwendungen ist zu erwarten, dass sie eine für Screenreadernutzer nachvollziehbare Darstellung finden.

Verweise (Referenzen)

  • EN 301549 v3.2.1 Kap. 11.5.2.6 Row, column, and headers